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Kommt eine völlig neue Behandlung von Diabetes?

Wenn der Zuckerstoffwechsel aus dem Gleichgewicht gerät, ist nicht nur das Insulin schuld – das weiß man jetzt (Foto: Getty Images/OJO Images RF) Von Brigitte Röthlein

 

Im gängigen Modell vom Zuckerstoffwechsel spielt Insulin die Hauptrolle. Kann der Körper es nicht verwerten oder nicht genug produzieren, ist Diabetes die Folge. Doch nun wackelt dieses Modell.

Es ist ein unendlicher, quälender Teufelskreis: Wer einmal dick ist, schafft es in der Regel nicht mehr, entscheidend abzunehmen. Denn das Gehirn gibt ständig falsche Signale. Selbst wenn der Magen gefüllt ist, hat der Dicke immer noch Appetit, ja sogar Hunger – und isst demzufolge munter weiter. Das Übergewicht bleibt so zumindest erhalten, wenn es sich nicht mit der Zeit zu einer ausgewachsenen Fettleibigkeit entwickelt, die gemäß der Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation WHO ab einem Body-Mass-Index von 30 besteht.

Wer dick ist, dem fällt zudem Bewegung schwer. Daher haben viele vom Übergewicht Betroffene auch keinerlei Lust, Sport zu treiben. Die Folgen sind bekannt: Man nimmt immer mehr zu, das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigt, viele Betroffene werden zuckerkrank. Beim Diabetes-Typ-2 kann der Körper Kohlenhydrate wie Zucker nicht gut verwerten, und daher steigt der Blutzuckerspiegel.

Die Ursache ist zum einen eine verminderte Empfindlichkeit der Körperzellen für das blutzuckersenkende Hormon Insulin, auch als Insulinresistenz bekannt, und zum anderen ein Insulinmangel. Das bedeutet, dass die Insulin produzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse sich sozusagen erschöpfen. Nun haben US-Forscher Hinweise darauf gefunden, wie die Fehlsteuerung im Gehirn funktioniert, die zu Übergewicht und Diabetes führt. Daraus könnte, wie andere Experten schlussfolgern, eine völlig neuartige Behandlung entwickelt werden.

 

Die Größe des Magens allein ist nicht entscheidend

 

Die Wissenschaftler vom Massachusetts General Hospital in Boston und vom Zentrum für Systembiologie an der Harvard-Universität setzten bei der Idee des Magen-Bypasses an, die vielen Betroffenen als letzter Ausweg erscheint. Bei dieser nicht ungefährlichen Operation wird der größte Teil des Magens umgangen und das Essen samt Verdauungssäften direkt in den Dünndarm geleitet. Die Patienten nehmen in der Folge ab, haben keine starken Hungergefühle mehr, und ihr Zuckerstoffwechsel normalisiert sich relativ schnell – manchmal auch ganz unabhängig von der Gewichtsabnahme.

Bis vor einiger Zeit ging man davon aus, dass dies hauptsächlich daran liegt, dass das restliche, kleine, aktive Stückchen Magen so schnell gefüllt ist, dass es Sattheit signalisiert – und man deshalb viel weniger isst. Doch schon im vergangenen Jahr konnten Experimente an Mäusen zeigen, dass es gar nicht in erster Linie um das Magenvolumen geht, sondern eher um die Signalstoffe, die wegen der nun veränderten Darmflora vom Verdauungstrakt ans Gehirn gesendet werden.

Die Forscher verpflanzten in ihrer Studie nun Teile der Darmflora von bypassoperierten Mäusen in fettsüchtige Artgenossen und konnten beobachten, dass auch diese abnahmen, obwohl ihr Magen dieselbe Größe hatte wie zuvor. Selbst normalgewichtige Mäuse verloren noch fünf Prozent Gewicht, wenn man sie mit der veränderten Darmflora impfte. Die Mechanismen, die hinter dem Phänomen stecken, sind immer noch weitgehend unbekannt.

 

Hauptverdächtiger Insulin entlastet

 

Zwar hatte schon 1854 der französische Mediziner Claude Bernard an Ratten Hinweise gefunden, dass das Gehirn den Zuckerstoffwechsel maßgeblich steuert, aber diese Erkenntnis geriet nach der Entdeckung des Insulins im Jahr 1921 wieder in Vergessenheit. Bis vor Kurzem glaubte man daher, dass allein dieses Blutzucker senkende Hormon der Schlüssel zur Diabetes-Erkrankung sei. Dies mag seine Richtigkeit haben für Typ-1-Diabetes. Dabei handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, bei der die Insulinproduktion und -ausschüttung nicht mehr ausreichend funktioniert.

Das ist verheerend, denn alle Zellen brauchen Insulin, um Zucker aus der Blutbahn aufnehmen zu können. Über die Darmwand gelangt Zucker in den Blutkreislauf, mit der Folge, dass seine Konzentration dort ansteigt. Der erhöhte Blutzuckerspiegel regt dann eine verstärkte Insulinfreisetzung an. Unter dem Einfluss des Hormons können Zellen und Gewebe wie Leber, Muskeln und Fettgewebe die Glukose dann nutzen. Dadurch sinkt der Blutzuckerspiegel auf ein normales Maß ab, und die Insulinausscheidung geht wieder auf ihren Basiswert zurück.

Bei Diabetes-Typ-1 kann man Betroffenen durch eine Insulinbehandlung helfen. Anders verhält es sich aber beim Typ-2-Diabetes, der bei älteren und immer häufiger auch bei jungen übergewichtigen Menschen auftritt. Hier werden die Körperzellen schlichtweg unempfindlich für die Wirkung des Insulins und können deshalb den Zucker nicht mehr optimal aufnehmen. Diese so genannte Insulinresistenz treibt dann den Blutzuckerspiegel der Patienten in die Höhe. Eine Behandlung mit Insulin kann diese Krankheit also nicht heilen.

 

Komplexes Zusammenspiel im Körper

 

Matthias Tschöp, wissenschaftlicher Direktor des Helmholtz Diabetes Zentrums in München und Professor an der TU München, ließ die Mäuse-Studie aufhorchen. Der Mediziner und sein Team beschäftigen sich seit Jahren selbst mit der Erforschung des Zuckerstoffwechsels in Mensch und Maus. Sie untersuchten etwa, wie die Sättigungshormone Ghrelin und GLP-1 im Gehirn wirken, um den Zucker-, Energie-, und Fettstoffwechsel des Körpers zu regulieren.

In einem internationalen Forscherteam analysierte er, was das Ergebnis der Mäuse-Studie über die Rolle des Denkorgans beim Blutzuckerhaushalt aussagen könnte. Das im renommierten Wissenschaftsmagazin "Nature" veröffentlichte Fazit: Eine normale Blutzuckerregulation hängt von einer funktionierenden Partnerschaft ab – nämlich der zwischen den Insulin produzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse und den neuronalen Schaltkreisen im Hypothalamus, einem Abschnitt des Zwischenhirns.

"Sowohl die Bauchspeicheldrüse als auch Fettgewebe und Gehirn spielen eine zentrale Rolle bei Diabetes", so Tschöp. "Es ist eine Multi-Organ-Erkrankung." Das Gehirn empfängt ständig Signale von allen Organen, die am Stoffwechsel beteiligt sind. Es verarbeitet die Informationen und gibt nun seinerseits Befehle an alle stoffwechselaktiven Zellen mit dem Ziel, ein chemisches Gleichgewicht herzustellen. Läuft dieser Signalaustausch durch äußere Einflüsse aus dem Ruder, treibt er in Richtung auf eine Fehlsteuerung, und der eingangs erwähnte Teufelskreis beginnt.

Eine wichtige Rolle bei der gegenseitigen Beeinflussung spielt auch der Botenstoff Leptin. Versuche von Tschöps Team an Ratten und Mäusen mit Typ-1-Diabetes zeigten, dass sich ihr deutlich erhöhter Blutzuckerspiegel normalisiert, wenn man ihnen Leptin in die Hypothalamusregion spritzt. Gleiches gilt für die Fähigkeit, den Zucker im Blut zu verwerten. Und das, obwohl die Tiere immer noch zu wenig Insulin produzieren.

 

Leptin und Insulin sind gleich wichtig

 

Dies widerspricht der althergebrachten Vorstellung vom Zuckerstoffwechsel. Nach dem neuen Modell aktiviert Leptin vielmehr das Regulierungssystem im Gehirn, das daraufhin die Glukose-Verwertung ankurbelt – auch über andere Hormone, die unabhängig vom Insulin sind. Diese tragen ähnlich viel zum Zuckerstoffwechsel bei wie das Insulin. Damit Typ-2-Diabetes ausbrechen kann, müssen deshalb beide Systeme gleichzeitig gestört sein, das betonen zumindest die Forscher in ihrer "Nature"-Veröffentlichung.

Keiner der bisherigen Therapien außer dem Bypass konnte den Typ-2-Diabetes bisher heilen. Mit Medikamenten kann man lediglich den Blutzuckerspiegel in Schach halten. Matthias Tschöp und seine Kollegen haben deshalb einen ganz neuen Plan: Sie wollen das Gehirn austricksen, indem sie ihm chemisch vorspiegeln, es habe eine Magen-Bypass-Operation stattgefunden. Bei Mäusen haben sie das bereits versucht, mit guten Erfolgen.

"Natürlich ist es schwierig, Menschen umzuprogrammieren", sagt der Forscher. "Aber es gibt eine Chance. Ein ähnlicher Mechanismus hat uns ja die Antibabypille gebracht: Auch dort wird dem Organismus etwas vorgespiegelt, nämlich eine Schwangerschaft. Deshalb ist er nicht mehr empfängnisfähig." Eine entsprechende hormonelle Überlistung des Körpers könnte vielleicht auch bei der Zuckerkrankheit gelingen. Dass damit nebenbei möglicherweise auch eine unkontrollierte Fettsucht behoben werden könnte, wäre ein schöner Nebeneffekt und eine große Hoffnung für alle Superdicken.

 

 

Endlich mal eine Methode die HEILT und nicht Dauerkunden fuer Medikamente schafft.

Schaun wir mal ob da draus was wird, Diabetes ist ja der Gewinnbringer Nummer 1 der Pharmaindustrie. Heilung bringt ja bekanntlich keinen Profit.

 

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